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Advent in Kahren um 1930

Geschichtliches aus dem Kirchspiel Kahren um das Jahr 1930:

Das Schauen und Schätzen, das Fragen und Forschen im Rückblick auf die „alten Zeiten“, das Interesse an der Heimatgeschichte ist wieder lebhafter geworden. Das ist erfreulich, das ist recht und würdig. In der Heimatgeschichte nimmt die Kirchengeschichte eine besonders achtbare Stellung ein. Ist doch das Gotteshaus schon äußerlich meist das hervorragendste und älteste Gebäude im Ort, und im kirchlichen Leben lag und liegt noch ein Mittelpunkt, ein Schwerpunkt, ja fester Stützpunkt des Volkslebens. Auf die Kirche, ihre Entstehung und Gestaltung, ihre Altertümer und Einrichtungen, ihre Pastoren und Patrone und ihre Gemeinden richtet sich besonders gern und wissensbegierig die Rückschau und forschenden Einblicke in die Heimatgeschichte. Hier in unserer Kirchengemeinde hat die zum großen und guten Teil durchgeführte Instandsetzung unseres alten, ehrwürdigen Gotteshauses neue kräftige Anregung gegeben, die kirchlichen Altertümer, die früheren kirchlichen Zustände, Verhältnisse und hervorragende Personen der Vergangenheit erneut zu betrachten und den Gemeindegliedern bekannt zu machen. Die folgenden Bekundungen und Beschreibungen wollen dazu beitragen, die Liebe zur Heimat, die Beachtung der Vergangenheit und Wertschätzung unserer Heimatkirche zu stärken.

Die älteste Nachricht über unser Kirchspiel findet sich in einer Stifts-Matrikel des Bistums Meißen von 1346.

Die Kirche und Pfarreien unserer Lausitz gehörten damals in „katholischer Zeit“ zum Bistum Meißen. Nach dieser Urkunde enthielt das ganze Bistum, dessen Umfang natürlich über die Lausitz hinaus im „Sächsischen“ seinen Mittelpunkt hatte, 897 Kirchen, davon entfielen auf die Niederlausitz 224. In letzterer bestanden13 sogenannte „sedes“, das heißt kirchliche Hauptstellen und Verwaltungsbezirke, nämlich Beskow, Calau, Cottbus, Dahme, Forst, Guben, Kirchhayn, Lübben, Luckau, Schlieben, Storkow, Spremberg, Zossen. Dem kirchlichen Amtssitz Cottbus unterstanden folgende Kirchspiele. (Die hinzugefügten Zahlen zeigen an, wieviel Mark oder Taler Silbergeld jede Kirche als Bischofszins zu entrichten hatte. Die Ortsnamen sind hier so wie Original in der Urkunde geschrieben.) 24 Cottbus, 5 Papitz, 6 Caran, 2 Madela, 4 Peitz, 4 Werbin, 4 Lisko, 5 Kolckewitz, 5 Gagelaw, 4 Bryssen, 4 Dissen, 5 Lewthen, 3 Schorbisch, 2 Magna Dobryn, 4 Parva Dobryn, 2 Sylo, 3 Genschwalde.

Man ersieht aus der Höhe der Zinsabgabe, daß unser Kirchspiel Kahren nach Cottbus an Umfang und Vermögenseinschätzung an zweiter Stelle stand, was daraus zu erklären ist, daß ja bis zum Jahre 1569 die Kirchengemeinde Comptendorf (früher bisweilen Cuntendorf geschrieben) zur Kahrener Pfarrei gehörte.

In Kahren wohnte der Hauptpfarrer und ein Kaplan, auch als Diakonus bezeichnet, der besonders das Comptendorfer Kirchspiel zu betreuen hatte.

Geschichtliches aus dem Kirchspiel Kahren

I.             Das Gotteshaus und seine Ausstattung.

Im Hinblick auf unser ehrwürdiges altes Gotteshaus hört man immer wieder die Frage: „Wann ist denn diese Kirche erbaut worden?“ Ja, wenn man diese Frage bestimmt beantworten und die Jahreszahl angeben könnte, das wäre schön und uns allen wertvoll. Aber darüber gibt uns keine Urkunde Bescheid. Wenn auch vielleicht bei der Grundsteinlegung oder in einer Kugel der Kirchturmspitze damals ein Dokument eingefügt worden ist, so ist es uns verborgen oder verloren gegangen. Die jetzige Kirchturmspitze stammt ja nicht aus der Erbauungszeit. Obwohl wir einige ziemlich alte Schriftstücke mit genauen Angaben über kirchlichen Besitz, über einige alte Ausstattungsstücke des Gotteshauses, über Kirchenvermögen und anderes mehr besitzen, es findet sich leider kein einziger Hinweis auf das Erbauungsjahr und Alter des Kirchengebäudes. In einer unserer ältesten Urkunden, der originalen Handschrift eines Visitationsberichtes vom Jahre 1579 wird so ziemlich alles der Pfarrei und Kirche Zugehörige und Zukommende festgestellt, das Gotteshaus aber gar nicht erwähnt, das damals schon längst bestand. Ein über 100 Jahre später niedergeschriebener Visitationsbericht nebst kirchlicher Bestandsaufnahme Anno 1694 enthält wenigstens folgende kurze Feststellung: „Der Kirchen Beschaffenheit. Selbige ist von Grund aus gemauert mit einem Ziegeldach und gemauerten Thurm, welcher an der Spitze etwas baufällig ist. Es hängen darinnen drey Glocken und ist daran eine Schlag-Uhr und Zeiger.“ Wenn man damals doch wenigstens so vorschauend gewesen wäre, zur Kunde über künftige Geschlechter etwa so zu schreiben. „Selbige, welche vor etwa 200 Jahren erbaut worden ist“ und so weiter. (Die Alterszahl ist natürlich nur so geschätzt). Damals, 1694, wussten die Kundigen doch noch, wie alt ungefähr das Gotteshaus ist. So sind wir also hinsichtlich der Erbauungszeit nur auf eine unsichere Schätzung angewiesen. Das Kirchengebäude bestand in seiner ursprünglichen Form schon vor der Reformationszeit, später ist das Kirchenschiff erhöht und der vieleckige Altarraum angebaut worden.

Das Kirchspiel und die Pfarrei zu Kahren bestanden, wie wir hörten, schon 1346, damals war sicher auch ein Gotteshaus vorhanden, aber wohl noch nicht das jetzt bestehenden. Die erste Kirche ist wohl ein kleinerer Bau, vielleicht in Fachwerk aufgeführt, gewesen.

Immerhin sind die 1,20 Meter starken aus Feldsteinen aufgerichteten Mauern des Kirchenschiffes und die sogar 1,70 starken Turmmauern eindrucksvolle Zeugen mittelalterlicher kraftvoller Baukunst und starken kirchlichen Sinnes unserer Vorfahren.

Die Frage nach dem Alter unseres Kirchengebäudes, das wir in der letzten Betrachtung so ungefähr großzügig zu bestimmen versuchten, will nicht zur Ruhe kommen. Ein in kirchlicher Kunstgeschichte erfahrener Besucher unseres Gotteshauses äußerte sich dahin, daß das Gebäude auch erst nach der Einführung der Reformation hier, also etwa nach 1540 erbaut sein könnte. Dabei wies er auf die alte Kirchturmfahne hin, welche zur Zeit im Pfarrhause aufbewahrt wird und die Jahreszahl 1573 zeigt. Sollte vielleicht hiermit das Jahr der Kirchenbauvollendung angegeben sein. Diese Turmfahne etwa 50x30cm groß, mitsamt Turmhahn werden aber nicht über der Turmspitze in jetziger Höhe (28 Meter) angebracht worden sein, für diese Höhe sind sie zu klein gestaltet.

Vielleicht befanden sie sich auf einem kleinen spitzen Türmchen, einem sogenannten Dachreiter, der am Ostende (über dem Altarraum) dem Kirchendach aufgesetzt war. Dieses Türmchen  musste dann, wenn es bestand, ja abgebrochen werden, als das Kirchenschiff durch den später erfolgten Ausbau des Altarraums verlängert wurde. Oder die alte Turmfahne krönte den früheren Vorbau vor dem alten Eingang in die Kirche von Süden her, welcher zugemauert und durch die bisherige, jetzt entfernte, Neuhausener Grabkammer entdeckt war.

Oder noch eine Vermutung: Sollte vielleicht der Kirchturm früher nicht so hoch aufgeführt gewesen sein? Der zugemauerte Spitzbogen im Turmraum in der Wand zum Kirchenraum hin gibt auch mancherlei zu denken.

Doch schließen wir ab: Die Fragen nach dem Alter und dem ursprünglichen Zustand der Kirche und den im Laufe der Zeiten erfolgten Umbauten werden sich nicht mehr sicher klären und zuverlässig beantworten lassen.

Es sei noch darauf hingewiesen, daß sich auch hier wie bei vielen alten Kirchen in den Backsteinen rechts des Turmeingangs und an der Nordwestecke in handgreiflicher Höhe halbkugelförmige Vertiefungen befinden, sogenannte „Näpfchen“, für deren Zustandekommen es verschiedene Erklärungen gibt, unter denen doch wohl folgende am besten ist. Die Leute haben, mit einer Geldmünze drehend, Staub aus den Ziegelsteinen geschabt,  den man in einen Trank getan, dem kranken Vieh eingab, wovon man sich eine Heilwirkung versprach, weil ja das Pulver von den Steinen des heiligen Gotteshauses stammte. Übrigens finden sich 2 Näpfchen, darunter ein besonders großes, auch in einem Backstein in der Einfassung des alten Einfassung des alten Einganges von Süden her, in dessen Zumauerung jetzt eine Grabsteinplatte eingesetzt worden ist.

Und sowohl beim Turmeingang wie dieser alten Eingangspforte befinden sich, in die starken Mauern links und rechts weit hineinreichend Löcher, in welche in Kriegszeiten und bei Gefahr der Kirchenplünderung starke Verrammelungsbalken zur Festigung der Türen ein geschoben wurden.

Wir befanden uns in der letzten Betrachtung unseres Gotteshauses gerade sehr ländlich-schlichte geformt mit seiner in die Feldsteinturmmauer einfach eingefügten, in drei Steinschichten stufenweise zurücktretenden uns verengernden Backsteineinfassung. Die Pforte selbst zeigt die geringe Öffnungshöhe von nur knapp 1,95 Metern, erinnert also gleichnishaft an die „enge Pforte“, durch welche die Gläubigen ins Gottesreich eingehen sollen.

Der ziemlich dunkle Turmvorraum mit seiner etwas klobigen Turmaufgangstreppe und den beiderseitigen Aufgängen zu den Chören, in dem früher die Leichenbahren und sonstiges Gerät abgestellt wurden, macht keinen schönen Raumeindruck, lässt aber die Mächtigkeit der Kirchenmauern erkennen und den Schwung der Spitzbögen links und rechts hervortreten. Der gleichgeformte Bogen  nach dem Kirchenschiff hin ist seit alters her mit einer Mauer, die wieder ein e kleine Rundbogenpforte freilässt, ausgefüllt, Ob in dem ältesten Bestande die ganze Öffnung innerhalb des Spitzbogens frei war, oder eine Holzfüllung mit einer Tür zum Kirchenraum da war, bleibt fraglich.

Bei der schon erwähnten vermuteten Erhöhung des Turmes im Angleich an die sichtliche Erhöhung des ganzen Kirchenschiffes hat man vielleicht durch die Zumauerung des Spitzbogens die fundamentale Tragfähigkeit für den schweren Turmaufbau stärken wollen. Dieser ganze untere Turmvorraum soll, falls die Mittel dazu vorhanden sind, durch Einziehen einer Stülpdecke, Beseitigung der Turmaufgangstreppe und andere Verbesserungen einheitlicher, freier und schöner ausgestaltet werden. Ein neuer Aufgang zum Turm und Glockenstuhl ist schon jetzt vom Orgelchor her mit einem Durchbruch durch die starke Turmmauer geschaffen worden. Wenn wir vom unteren Turmvorraum her die innere Kirchentür öffnen, dann bietet sich uns der überraschend schöne Anblick des lichten, wohlgestalteten Raumes unseres Gotteshauses dar, in seinen Farbtönen besonders bei Sonnenschein leuchtend. Doch das können und wollen wir hier nicht ausmalen; soll doch diese Betrachtung vornehmlich in geschichtlichem Interesse auf die Altertümer und wertvollen Ausstattungsgegenstände unserer Kirche gerichtet sein.

Der Blick vom Turmeingang her gleitet über das Gefühl, das bei unserer Renovation in seiner früheren schlichten, massigen Form, allerdings in neuer Farbe, hergestellt wurde, zum prächtigen Altarraum mit seiner weihevollen Stimmung. Die Augen des Beschauers werden aber bald angezogen von dem goldstrahlenden Glanz der Kanzel, die wir zunächst bedenken wollen.

Die Kanzel unserer Kirche stellt ein wahres Prunkstück dar, ausgeführt in der Kunstform des sogenannten „Barock“ das schwungvolle, reich ausgezierte Gestaltung bis in die kleinsten Formen und Flächen hinein liebte. Der Träger der Kanzel ist in seltener Weise als Stamm einer Palme, oben mit seinen Blättern aus Holzspänen und einigen angedeuteten Fruchttrauben versehen, dargestellt. Man kann eine Ähnlichkeit mit der Palmschaftzeichnung auf dem Kirchensiegel von Kolkwitz feststellen, woselbst aus Psalm 92, 13 hingewiesen ist: „Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum.“ Die mehreckige, an die Kirchenwand angebrachte Kanzelumfassung, in tonigem weiß gehalten, ist nun mit prachtvollen Schnitzereien aus Holz, echt vergoldet, reichstens überkleidet. Dieselben stellen meist ein stilisiertes Blattwerk mit künstlerischem Schwung, in edelster Handwerkskunst gestaltet dar. Die großen, die Hauptkanten überdeckenden, nach außen gewölbten Blattwerke sind besonders prunkhaft, Meisterstücke der Holzschnitzerei. Sehr fein sind auch Blumenstücke, die immer verschiedene Formen zeigen. Die strahlenden Pracht, die nach der 1935 erfolgten totalen Neuvergoldung leuchtet, findet Fortsetzung und zarten Abklang in dem Schalldeckel der Kanzel, besonders fein in der Form gebildet ist und von zwei wunderschönen Engelchen gleichsam nach vorn hingetragen wird. Unter dem Schalldecken, über dem Haupte des Predigers, schwebt eine weiße Taube mit goldigen Strahlen als Symbol des Heiligen Geistes. An der Stirnseite der Kanzel in blau getönter Fläche tritt die Gestalt Christi hervor, der als Weltenherrscher in seiner linken Hand die blank vergoldete Erdkugel mit dem Kreuz trägt. In den anderen gleichen Seitenflächen sehen wir die vier Evangelisten dargestellt: Johannes mit dem Adler, Markus mit dem Löwen, Lukas mit dem Stier; bei Matthäus fehlt die Begleitfigur. Alle Figuren sind bunt bemalt. In den Flächen nächst der Kirchenwand sind die geschnitzten farbigen Wappen der Kahrener Herrschaft angebracht, welche diese wertvolle Kanzel gestiftet hat.

Der Gutsherr war damals Christian von Pannwitz, Kgl. Preußischer Oberjägermeister, Hauptmann der Ämter Potsdam und Saarmund, welcher im Jahre 1700 vom König von Preußen mit dem Patronat über unsere Kirche betraut worden ist. (gest. 1703).

Die Stiftung und Schaffung der Kanzel läßt sich demnach fast genau auf die Jahre um 1700 feststellen. Das andere Wappen, sehr zierlich, ist das seiner Ehefrau, einer geborenen von Lüderitz. In gleicher Zeit ist auch die schöne Bemalung der Emporen mit vielen Bibelsprüchen erfolgt, was die bei dem der Kanzel nahestehenden Spruch eingezeichnete Jahreszahl 1703 kundgibt. Um 1700 werden also wichtige Erneuerungen und Ausstattungen der Kirche stattgefunden haben.

Der Altar unserer Kirche, der mit seinem in Holz gefertigten, sich nach oben verjüngenden Aufbau harmonisch in den östlichen Abschluß des Kultraumes hineingestellt ist, gehört zu den weiteren wertvollen Kunstwerken, die von alter Zeit her unser Gotteshaus zieren. Die Herstellungszeit des Altars läßt sich aus seiner Gestaltungsart einigermaßen sicher bestimmen. Er ist im sogenannten Renaissancestil gestaltet, einer Kunstform welche die „klassische Schönheit“ der vorchristlichen hellenischen (griechischen) Kunst wieder aufleben ließ und nachzugestalten suchte. Diese Renaissance, das heißt „Wiedergeburt“ der antiken (alten) Kunstformungen, drang in die deutsche und christliche Kunstgestaltung nach der Reformation ein. Für unseren Altar kann man als Herstellungszeit die ungefähre Angabe „um 1600 herum“ machen. Eine Vermutung führt zu folgendem Gedankengang: Die schon erwähnte metallene Kirchturmfahne mit der Jahreszahl 1573 weist doch auf irgendeinen Bauabschluß hin. Nun ist ja sichtlich das ursprüngliche kleinere Kirchenschiff durch Anbau des Altarraums bedeutend erweitert worden. Vielleicht hat man nach Abschluß dieses Anbaues – wohl die Verbindung mit der Erhöhung der Kirchenwände - , der 1573 erfolgte, auf dem Kirchendache über dem Altarraum einen Dachreiter mit dieser Fahne angebracht. Für den neuen geräumigen Altarraum ließ man dann auch einen neuen größeren Altar mit hohem Aufbau anfertigen, also in den Jahren kurz vor 1600.

Wie mag der frühere Altar aus der katholischen Zeit ausgesehen haben? Schade, daß von ihm nichts aufbewahrt worden ist.

Unser jetziger Altar zeigt in seinen Bildern evangelisches Gepräge.  Daß als Hauptbild eine Darstellung der „Opferung Isaaks“ gewählt wurde, ist als Hinweis auf Gottes Opfer, der „seines eingeborenen Sohnes nicht verschont hat“, recht sinnvoll, aber ganz selten zu finden. Die übrigen Bildtafeln zeigen, von unten angefangen, das letzte Abendmahl, die Geburt des Herrn, über dem Hauptbild in der Mitte: die heilige Dreieinigkeit, Gott Vater und Sohn im Himmel königlich thronend, darüber die Taube als Bild des heiligen Geistes. Zu Seiten dieses Bildes: Christus am Kreuz und Christus der Auferstandene. Eigenartig ist das zum obersten Teil des Altars gehörende Bild im Querformat. Man sieht links einen Mann schlafen, das Haupt auf einem Totenschädel ruhend; rechts ein Weiblein, auf blumiger Flur sitzend, vor ihr ein Gefäß mit einem Blütenstrauß; zwischen beiden eine Sandstundenuhr; links eine verloschene, rechts eine brennende Kerze. Dazu die Überschrift: ‚“Heut am mir, morn an n dir.“ Diese Überschrift macht den Sinn des Bildes deutlich: Was ist der Mensch? Heut noch frisch und rot, morgen vielleicht schon tot! – Daß der Altar, der jetzt zu seiner Wiederherstellung in die Berliner Kunstwerkstatt kommt, reiche und schöne Zieraten und wertvolle Vergoldung aufweist, sei noch erwähnt. Er wird nach seiner Instandsetzung viel prächtig strahlender, doch dabei fein zart abgetönt, erscheinen.

Wir knüpfen an die zuletzt erfolgte Betrachtung des Altars an. Zu seiner Ausstattung gehören die Leuchter, deren brennende Kerzen wir als Sinnbilder des göttlichen Gnadenscheins und göttlicher Erleuchtung, wie sie uns im Wort Gottes geschenkt werden, deuten und auch als Hinweis auf die Lebenslichter und Liebesflammen, die sich brennend verzehren müssen, ansehen können. – Wir besitzen je zwei Paar metallene Lichtträger recht alten Bestandes, ein Paar besteht aus Messing, das andere aus Zinn; sie werden schon in der Bestandsaufnahme von 1579 aufgezählt. Beide zeichnen sich durch eine schlichte Formschönheit aus, die dem „klassischen Stil“ des 16. Jahrhunderts entspricht. Das nur kleine Kruzifix mit dem vergoldeten Christuskörper ist eine Schenkung der Frau von Kottwitz, Neuhausen 1791. -  Unter dem alten Bestand heiliger Altargeräte werden weiterhin in der Matrikel von 1579 verzeichnet „ein silberner gantz übergüldeter Kelch, wieget 1 Marck, 10 Loht“. Derselbe ist zum Glück noch vorhanden; er trägt die Inschrift: „Balzer von Pannwitz, Nichkel von Leben, das ganzte Kirchspiel samt den Junkern haben lassen machen. 1585. – Weil dies heilige Gefäß eine geringe Menge Abendmahlswein faßt, nehmen wir es selten in Gebrauch und benützen einen größeren Kelch aus Silber, der ursprünglich aus dem Jahre 1704 stammt, in dem ja die Kirche eine umfangreiche Neugestaltung erfuhr, aber, wohl schadhaft geworden, 1858 erneuert ward. – Von einem weiteren zweiten alten Abendmahlskelch, der folgendermaßen registriert wurde: „ein Kelch, halb Kupfer, halb Silber, ganzt übergüldet“, ist leider nur noch der Fuß vorhanden. Der obere Teil scheint bei einer Plünderung mit gewalt abgebrochen worden zu sein. Hier lautet die Inschrift: „Wenz. Hoschk. An. 91“. Es handelt sich um den Pfarrer Wenzeslaus Hoschkins, der hier 1612 amtierte.

Eine silberne Abendmahlsweinflasche, welche die Ehefrau des Kirchenpatrons, Oberjägermeister von Panwitz, um 1700 gestiftet hat, ist nicht mehr vorhanden.

Ein besonderes Wertstück unter den alten heiligen Geräten, die noch aus der katholischen Zeit stammen, war die Monstranz, in welcher das geweihte Brot, ein Zeichen der Gegenwart Christi, sichtbar aufbewahrt und in der Messe den Gemeindegliedern gezeigt, auch bei Prozessionen umhergetragen wurde; sie war aus Kupfer und vergoldet. Neben der Aufzeichnung im alten Bestandsregister steht geschrieben: „Dieselbige hat der selige Pastor Fabrizius verkauft.“ Wir können da nur hinzufügen: Sehr schade! Der damalige Erlös der verkauften Monstranz ist dahin; wenn wir doch noch das ehrwürdige Gerät hätten. Übrigens besitzt die sonst an alten Schmuckstücken arme Kirche von Gr. Lieskow ein kostbares Gerät, ein sogenanntes ciborium, ein metallener Behälter, in welchem die Abendmahlshostien aufbewahrt wurden. Auf 6 Flächen dieses behältnisses sind Bilder aus der Leidensgeschichte Christi eingeschnitten, die ein hohes Alter erkennen lassen. Das Gerät mag ungefähr um 1450 gefertigt worden sein. Der Deckel hat die Form eines spitzen, gotischen Kirchturms.

Wir betrachten zuletzt die Ausstattungsstücke unseres Gotteshauses, besonders die heiligen Geräte, von denen wir ja glücklicherweise mehrere wertvolle aus alter Zeit besitzen. In dem Protokoll der Bestandsaufnahme vom Jahre 1694 derselben wird noch aufgeführt: „Ein zinnernes Taufbecken, wieget 14 Pfund.“  Dieses ist leider nicht mehr vorhanden, vielleicht wie die Monstranz, als es außer Gebrauch kam, verkauft worden. Ob dasselbe zu einem Taufstein, auf dem Fußboden stehend, gehörte oder von einem Taufengel gehalten wurde, ist fraglich. Der jetzige schöne Taufengel hat diese frühere zinnerne Taufschale jedenfalls nicht getragen, denn dieses künstlerisch bedeutende Holzbildwerk gehört zu den vielen Ausstattungsstücken, mit welchen die Kirche im Jahre 1704 bereichert worden ist und paßt demnach in seiner barocken Form zu der aus selbiger Zeit stammenden prächtigen Kanzel. An dem Taufengel ist der feine Schwung der schwebenden Körperhaltung und der Flügel sowie die eindrucksvolle Gestaltung des Faltenwurfs in der Gewandung beachtlich. Die wie in Gold strahlende ovale Taufschüssel, die aus Messing besteht, ist ein früheres Geschenk der damaligen Patronin, Witwe von Pannwitz geb. von Oppen, und trägt die Inschrift: „Soviele euer getauft sind, die haben Christum angezogen.“ Anno 1704.

Erwähnt sei noch, daß unter dem alten Bestand vom Jahre 1694  aufgeführt wird: „Ein Chorrock von weißer Leinwand.“ Dazu die spätere Bemerkung des Pfarrers Moriz: „Ist alt und will einen neuen anschaffen!“

Wir sehen, daß noch im 18. Jahrhundert in unseren evangelischen Kirchen  pastorale Amtstrachten aus katholischer Zeit stammend in Gebrauch waren, so dieser Chorrock. Noch heute werden in einigen Kirchen des evangelischen Deutschlands von den Pastoren bei besonderen festlichen Gelegenheiten weiße Schulterüberwürfe, die sogenannte alba getragen.

Es sind auch vielleicht nmit Recht , in heutiger Zeit Erwägungen angestellt worden , ob man nicht die recht schmucklose Trachtunserer evangelischen Pastoren wenigstens bei Abendmahlsfeiern und an den hohen Festtagen durch solche weißen Schulterkragen hervorheben und festlich zieren sollte.

Es ist Adventszeit, da diese kirchliche Betrachtung hier verfaßt wird. Da hören wir den Adventsruf: „Bereitet dem Herrn, den Weg!“ Da ist Johannes Stimme, das ist Johannes Ruf, der für des Heilands Kommen die rechte Rüste schuf.

So tritt die Gestalt des Bußpredigers und letzten Propheten des Alten Bundes, Johannes des Täufers, uns vor Augen. Und wenn wir in den letzten Abschnitten dieser Abhandlungen die Ausstattungsstücke unseres Gotteshauses, die aus alter Zeit stammen, betrachten, so richten wir unseren Blick jetzt gerade zu passender Zeit auf das alte Holzbildwerk, welches das abgeschlagene Haupt Johannes des Täufers auf einer Schüssel darstellt. In diesem Hinblick möchte man gern von der Schöpfung , dem früheren kirchlichen Platz und dem Schicksal dieses wertvollen Kunstwerkes recht viel wissen. Nun, nach der Formbildung, dem Kunststil dieses in Holz geschnitzten Kopfes läßt sich wenigstens feststellen, daß dies Bildwerk recht alt ist und seine Schöpfung in das 15. Jahrhundert zurückreicht. Der Stil ist nämlich der gotische mit seinen schlichten, strengen Linien. Man beachte die feine längliche Form der Nase und der Wangen und wie wirksam mit schlichten Wellenlinien die Gestaltung des Haares und Bartes gefertigt ist. Augen und Mund sind im Tode ruhig geschlossen. Das ganze Antlitz des hingerichteten Zeugen der Wahrheit offenbart edle Größe und den im Tode erlangten Gottesfrieden. Dieses Bildwerk war ursprünglich farbig getönt, die bleiche Geschichtsfarbe mit Blutspritzern gezeichnet, und muß so einen sehr starken Eindruck gemacht haben. Der Teller oder die Schüssel, auf der das Haupt früher lag, ist uns nicht überkommen. Wahrscheinlich ist die Schüssel, falls sie auch aus Holz geschnitzt war, schon vor vielen Jahren verfallen; oder wenn sie aus wertvollen Material bestand, ist sie vielleicht durch Diebstahl entwendet worden. 1936 ist wie manches andere, so auch dieses kleine, aber vielleicht erhrwürdigste Bildwerk unserer Kirche wiederhergestellt und auf einer frei geformten Nachbildung einer Schüssel in Holz angebracht worden. Aufr dem Rand der Schüssel ist das bedeutsame Bekenntnis des Johannes eingeschnitzt: „Er (Christus) muß wachsen; ich aber muß abnehmen!“

Das Bildwerk mag nach seiner ursprünglichen Anfertigung die vielleicht schon im 15. Jahrhundert erbaute Kirche geschmückt haben und ein sichtbarer Ausdruck dafür gewesen sein, daß in unserer Kirchengemeinde Sanct Johannes als Schutzpatron des Gotteshauses geehrt wurde. Das bekundet der kirchliche Geschichtsschreiber Pastor Ldemann in seiner Chronik, um 1800 verfaßt, und darauf deutet auch die Bemerkung hin, daß gerade im Dorf Kahren das Lobtanzfest kurz vor oder nach dem Johannestage gefeiert wird, also ursprünglich mit der Feier dieses Gedenktages verbunden war. Wie dem auch sei: Wir haben wohl recht verfügt, wenn wir kirchlicherseits bestimmt haben, daß unser liebes Gotteshaus „Evangelische Johanneskirche“ zu Kahren genannt wird.               

Quelle: Pfarrer Gierth

 

Letzte Änderung am: 01.11.2022